» Zappanale #9Zappanale 09 - 1998
Zur "Zappanale" pilgern nicht nur deutschlandweit einmal im Jahr die Hungry Freaks, die per CD, LP oder sonstige Tonträger nicht genug von ihrem Helden, Musiker und Vordenker Frank Zappa bekommen können. So waren am 7. und 8. August in der Klosterscheune in Althof bei Bad Doberan ungezählte 432 Zuhörer/innen anwesend, um sechs Acts zu lauschen. Auf der Eintrittskarte war mit 19 Uhr der Beginn verzeichnet, kurz nach 20 Uhr ging es los. CRUISIN' FOR BURGERS (D) traten auf die Bühne und gaben einen grandiosen Einstand. Sie waren die (leider) einzige Band, die ein Vibraphon benutzte, die anderen Bands holten die Klänge aus dem Sampler. Deutlich wurde das instrumentale Vermögen der Band, nicht nur Zappa-Klassiker lebendig interpretieren zu können, sondern Soli und rhythmische und melodische Schnipsel einzuwerfen, die der Performance Kick und Witz gaben. Die Band war aufeinander eingespielt, was besonders bei Verspielern deutlich wurde, die Band fand perfekt wieder zueinander. Nach vom Publikum eingeforderten Zugaben verließ die Band nach einem gut zweistündigen Set die Bühne und nach einer kurzen Pause trat SHARLEENA (NL) nur mit Violine bewaffnet auf die Bühne und begeisterte mit ihren vielleicht 14 Jahren die alternde Zappa-Anhängerschar. Schon während der Show von CRUISIN' FOR BURGERS hatte ich sie und andere Kids im Publikum gesehen, die mich völlig damit verblüfften, alle Texte mitsingen zu können und bei den schwer rhythmischen Figuren alle Körperteile perfekt im Rhythmus in alle Richtungen zu bewegen. Nun wußte ich, warum. (Zu den anderen Kids komme ich noch.) Die DANCIN' FOOLZ (NL) sind eine eingeschworene Showband, die Zappa von einer anderen Seite als CRUISIN' FOR BURGERS beleuchteten. Ihre Instrumentalteile waren längst nicht so lang und technisch, sie gaben sich mit einem sich stets in den Vordergrund setzenden Sänger mehr dem "textlichen" Zappa hin. Keineswegs war ihre Show damit schlecht oder wenig reizvoll, mich als Nicht-nur-Zappa-Fan konnten sie allerdings nicht so überzeugen, wie die Opener, die mit ihren instrumentalen Fertigkeiten schwer komplizierten Rock gespielt hatten und dem Jazz die Tür offener gehalten hatten. Dennoch, die Holländer machten ihre Sache sehr gut. Sicherlich liegt ihre andere, textlastige Orientierung darin, daß ihre Vordergrundfigur ein Sänger ist, der kein Instrument spielt. Nach langer Spielzeit und Zugaben war um 2:15 Uhr morgens Ende. Jedoch kam der Tag zu seinem Abend und gegen 20:30 Uhr stiegen OSSI DURI auf die Bühne. Die Baby-Rock-Band aus Italien hat ihr jüngstes Mitglied an den Drums (12 Jahre alt), jetzt wußte ich, warum mehrere Kids im Publikum sich in den am Vorabend interpretierten Songs so gu tauskannten: sie standen in der Materie. Der Gitarrist lieferte mächtig rockende Soli ab, der Drummer hörte nicht auf zu poltern, selbst als seine Kiste mitten im Spiel repariert werden mußte. Die Boys tanzten, lärmten und rockten, daß es eine Freude war. Natürlich war ihre Zappa-Interpretation nicht fehlerfrei oder perfekt gespielt, darauf legte die Band (und ihr Mentor) auch keinen Wert. Hier galt es, Spaß zu haben und Lust an Spiel und Spaß zu verstehen. Ein mächtig dicker Italiener begab sich auf die Bühne, um einen (halben) Striptease vorzulegen und die Band rief Sharleena auf die Bühne, um mit ihr unkompliziert und selbstbewußt zu lärmen. Nach den Zugaben und der Umbaupause begab sich mit FAST & BULBOUS(I) eine Studioband auf die Bühne, die deutlich von Keys geprägt war.Der Sänger saß an den Tasten und prägte mit seinem nasalen Organ und seiner am Jazzrock angelehnten Arbeit den Set. Der Drummer hatte die Augen geschlossen, der Bassist stand in seiner Ecke still und der Gitarrist gab sich Mühe, 50% der Bühne mit ziemlich wenig Körperfülleund Soli auszufüllen. Auch hier war klar, der Chef bestimmt den Sound - und der Chef war der Keyboarder. Die meisten Soli und melodische Arbeit wurde von ihm bestimmt, dennoch hatte der Gitarrist Platz für eigene Soli und melodische Eckpunkte. Leider wurden (für meine Ohren) die Songs eher streng und pflichtbewußt intoniert, die Geilheit und jugendliche Frische von OSSI DURIfehlte hier vollkommen und die erwachsene Band mußte fehlenden Witz mit musikalischen Finessen ausgleichen, was ihr nur unvollkommen gelang. Das progressive und Jazzrock-Potential war deutlich zu hören und der Set ein Genuß, doch leider auch mit Schwachpunkten und schwerflüssigen(Tasten-)Tönen angefüllt. (Die CD, die ich nach dem Konzert kaufte,bestätigte meinen Eindruck, die Band braucht einen Chef, der nicht so ernsthaft und keyboardlastig an die Arbeit geht.) Die letzte Band der diesjährigen "Zappanale" war CAMARILLI (I), in der Drummer und Gitarrist von OSSI DURI wieder auf die Bühne gingen. Der dicke Striptease-Tänzer gab sich als Tastenmensch zu erkennen, der Solo-Gitarrist war der Vater von Gitarrist und Drummer und mit zwei Gitarren auf der Bühne wurde klar,daß jetzt die Gitarre dazu kommt, ausführlich zu arbeiten. Als sie ihr reguläres Set abgespielt und das Publikum in frenetischen Jubel geschlagen hatten, setzten sie noch ein paar Zugaben drauf und holten zur Jam-Session schließlich die restlichen OSSI DURI's auf die Bühne und rockten trotz Enge auf der Bühne und an den Verstärkern, bis Publikum, Bands und Veranstalter in den Schlaf sanken und von einer beeindruckenden und grandiosen "Zappanale" träumen konnten. Bleibt zu sagen: next year same place.
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